„Spanien ist Weltmeister!“ Dieser Satz wird für viele Spanier sicher immer noch surreal klingen, doch seit gestern entspricht er endlich der Realität. Über das Endspiel ist ja schon jede Menge berichtet worden. Über die extreme Härte der Holländer, die regelrecht versucht haben, den Kombinationsfußball der Spanier zu zerstören. Über die katastrophale Leistung des englischen Unparteiischen Webbs, der mindestens zwei Mal rot für die Oranje hätte zeigen müssen und einem WM-Finale nicht gewachsen schien.
Am Ende hat sich das Team durchgesetzt, das Fußball spielen wollte – aber teilweise nicht durfte. Die Holländer, zum Teil begnadete Fußballer (Robben, Sneijder, Van Persie) waren mit einer anderen Absicht ins Finale gegangen. Statt sich auf ihr fußballerisches Können zu verlassen, haben sie vielmehr versucht, jenes des Gegners zu neutralisieren. Und es scheint so, als könnte man Fußball tatsächlich am besten mit Anti-Fußball bekämpfen. Das Foto des Endspiels wird, neben dem Jubel Iniestas nach seinem Tor vier Minuten vor Ende der Verlängerung, sicher der Tritt von De Jong an Xabi Alonso sein, eine Szene die vielleicht, wenn auch etwas übertrieben, symbolhaft für das Finale steht.
12 gelbe Karten und ein Platzverweis
Ein Finale, in dem 12 gelbe Karten und eine gelbrote gezeigt wurde, mehr als in jedem anderen WM-Finale bisher. Und dennoch hätten es mindestens zwei oder drei Platzverweise mehr geben müssen. Sicher, die Aktion von Puyol gegen Robben war auch nicht astrein, selbst wenn der Schiedsrichter in dem Fall auf Vorteil entschied, doch der Abwehrspieler vom FC Barcelona hätte da auch die gelbe Karte sehen müssen. Auch Iniesta nach seinem Revanche-Faul gegen Van Bommel. Doch diese beiden Aktionen waren ein Witz im Vergleich zu den beiden brutalen Attacken von Van Bommel und De Jong. Dass der Schiri da nur gelb gezeigt hat, ist unbegreiflich.
Spanien hatte die ersten 20 Minuten gegen Holland so begonnen, wie sie das Halbfinale gegen Deutschland beendet hatten. Mit sicherem Kombinationsfußball und mit herausgespielten und teils glasklaren Torchancen. Das Mittelfeld um Xavi, Xabi und Iniesta kontrollierte das Spiel nach Belieben. Die Holländer sahen sich das alles eine Weile an, bevor sie begannen, ihre Strategie umzusetzen, die nur ein Ziel hatte: zu zerstören. Und das schafften sie auch. Spanien beging den Fehler, sich teilweise auf das gleiche Niveau zu begeben und so war es dann auch irgendwo nachvollziehbar, das zwei spanische Spieler gelb sahen – Spanien hatte im gesamten Turnierverlauf gerade einmal drei gelbe Karten gesehen! Ab der Hälfte der ersten Halbzeit hatte das Finale dann nicht wirklich viel mit Fußball zu tun.
Robben versagt, Iniesta trifft
Erst nach der Halbzeit rückte wieder der Ball in den Vordergrund. Der unglaublich schnelle Robben hatte zwei glasklare Chancen, scheiterte aber beide Male am überragenden Keeper Casillas. So „retteten“ sich am Ende beide Teams in die Verlängerung. Die Spannung war unbeschreiblich und als alles nach einer Entscheidung durch Elfmeterschießen aussah, tauchte Andrés Iniesta auf, der mit Abstand beste Spieler Spaniens im Finale, um in der 116. Minute das erlösende und zweifelsohne wichtigste Tor seiner Karriere zu machen. Spanien ist Weltmeister! Und ja, es ist wahr!